
Ein Satz meiner Mutter, der mir als Kind und junges Mädchen mächtig auf die Nerven ging. Pass auf dich auf! Ja, natürlich. Wer sonst sollte auf mich aufpassen, wenn ich den elterlichen Gesichtskreis verlassen hatte. An einen flatternden Schutzengel oder den Allmächtigen konnte ich nicht so recht glauben. Aber ist es nicht seltsam, dass ich etliche Jahre später diesen Satz meinen eigenen halb erwachsenen Töchtern auf den Weg gab, bevor sie die Haustür hinter sich schlossen? Und dabei schob ich meist noch die nervige Frage hinterher, ob sie auch Schlüssel, Taschentuch und Geld bei sich trügen.
Vererben sich also bestimmte Sätze, gute Ratschläge – oder sind es einfach nur Floskeln, die von Generation zu Generation weitergereicht werden. Aber seit vielen Jahren schon bemerke ich, der Kreis hat sich geschlossen. Der Satz kommt wie ein Bumerang zu mir zurück, meist noch im Doppelpack: Pass auf dich auf! Passt auf euch auf! Ich höre dies von den erwachsenen Kindern und selbst von den Enkeln, die hunderte von Kilometern entfernt leben. Und ihre Bitte klingt eindringlich und besorgt. Und seltsamerweise nervt sie nicht, sondern macht glücklich, dass sie ausgesprochen wird. Aber ich weiß auch, nicht jeder von uns bekommt sie gesagt und könnte doch so gut jemanden gebrauchen, der ab und an mal zuhört oder seine helfende Hand anbietet. Spielen wir also ein bisschen Schutzengel – für den Partner, für Freunde, Bekannte, Nachbarn – ohne zu bevormunden oder die Privatsphäre zu stören. Wir können sicher sein, das Bumerang-Prinzip funktioniert auch hier.

Aber es ist nicht so einfach wie es scheint. Ulli und Anne können ein Lied davon singen. Ulli sorgt sich um seine Frau, denn er kennt ihre Ungeduld und Spontaneität, aber auch ihre unendliche Hilfsbereitschaft. Dabei schießt sie gerne über das Ziel hinaus, bürdet sich Probleme anderer auf, die sie dann seelisch belasten und ihr das Lachen und den Schlaf rauben. Meist ist sie der Motor in ihrer Ehe, aber Ulli muss hin und wieder dafür sorgen, dass sie einen Gang zurückschaltet oder auf die Bremse tritt. Sein Zauberwort: ENTSCHLEUNIGUNG, denn wir sind schließlich keine sechzig mehr, meint er. Aber auch Anne sorgt sich. Ihrer Ansicht nach ist Ulli zu wenig um seine eigene Gesundheit besorgt. Jacke, Schal, Mütze … sind ihm oft unwichtig, zu Vorsorgeuntersuchungen muss sie ihn mit Engelszungen überreden … Ihre Fürsorge nervt ihn, er fühlt sich bemuttert, eingeengt und oft sogar bevormundet. Aber wir arbeiten daran und finden Kompromisse, meinen sie mit einem Lachen.
Einig aber sind wir uns, folgende Regeln zu beherzigen:
- Den kleinen Wehwehchen und Zipperleins erlauben wir nicht, dass sie uns den Tag verderben. Jammern und Lamentieren helfen nicht, und den Tag auf der Couch verbringen – das passt nicht zu uns. Disziplin, Humor und ein aktives Leben sind unsere Hausmittel gegen kleinere Leiden.
- Wir versuchen, den inneren Schweinehund zu überwinden, nehmen Treppen statt Aufzug, obwohl Knie und Gelenke scheinbar das Gegenteil möchten. Täglich gehen wir an die frische Luft und machen unsere Spaziergänge. Versuchen, mit Vernunft und Realitätssinn auch trüben Tagen etwas Schönes abzugewinnen.
- Wichtig: Gefahren vermeiden! Das beginnt bei bequemen Schuhen mit rutschfester Sohle, das Überqueren der Straße auf kürzestem und sicherstem Weg, Taschenlampe für die dunkle Jahreszeit und ähnlichen Sicherheitsvorkehrungen. Und dass wir Streitigkeiten oder gar Prügeleien aus dem Weg gehen, versteht sich von selbst. Aber mit dem Handy die Polizei verständigen, das würden wir immer tun.