
Über diesen Satz sollten die Zwölfjährigen in den Weihnachtsferien nachdenken und ihre Großeltern fragen: Was bedeutet es eigentlich, alt zu sein? Caro, die Enkelin von Anne und Ulli , war mit ihren Eltern in Rostock zu Besuch und nach dem nachmittäglichen Kaffee bekannten Sohn und Schwiegertochter etwas verschämt, bislang nicht darüber nachgedacht zu haben, was sich eigentlich für Oma und Opa geändert hatte, nachdem sie aus dem Berufsleben ausgeschieden waren. „Was habt ihr gewonnen, was verloren? Wie habt ihr eure Zweisamkeit erlebt, du als ehemals leitender Angestellter und Mama als Verkäuferin in einem Kaufhaus. Ihr hattet Verantwortung, Kollegen, jeder einen Freundeskreis und ihr hattet doch ein gutes Auskommen. Wie ist es jetzt?“ Himmel, irgendwann kommt das auch auf uns zu, stöhnte die Schwiegertochter, und wir haben kaum Ahnung.
Ulli erinnerte sich: Nach anfänglicher Euphorie kehrte bald der Alltag ein und damit begannen die Probleme, vor allem für mich. Ich fühlte mich nicht ausgelastet, nicht anerkannt, nicht gebraucht. Hilfe, wie soll das nur werden, dachte ich so manches Mal. 24 Stunden mit Helga zusammen, das war neu für mich. Ich nörgelte, war unzufrieden, wusste nichts mit mir anzufangen. So hatte ich mir das neue Leben nicht vorgestellt. Ja, und ich stürzte mich in die Hausarbeit, ergänzte Anne. Ich putzte und räumte um, sah überhaupt nicht, wie Ulli litt. Bald begriffen wir, dass es so nicht weitergehen dürfe. Deshalb unser Rat:
- Rechtzeitig über die Phase des Ruhestandes nachdenken und reden. Nicht nur träumen, sondern realistisch und problemorientiert dieses künftige Leben betrachten. Dazu gehört auch die neue finanzielle Situation.
- Wer sich bislang vor allem über seine Arbeit definiert und daraus sein Selbstwertgefühl geschöpft hat, sollte sich neu orientieren. Ein Ehrenamt, eine Tätigkeit auf Honorarbasis, ein Minijob, ein Kleingarten oder Hund können dem Leben einen neuen Sinn geben.
- Gemeinsame Unternehmungen sollten gerecht abgestimmt werden. Jeder sollte daraus Gewinn und Freude ziehen.
- Verbringen Sie die Freizeit nicht wie „siamesische Zwillinge“, womöglich noch im Partnerlook, jede Stunde des Tages gemeinsam. Lassen Sie sich Freiräume, in denen jeder alleine bestimmen sollte, was er tut.
- Geben Sie den Tagen eine Struktur. Planen Sie Ihre Aktivitäten. Leben Sie nicht in den Tag hinein, aber bleiben Sie trotzdem offen für spontane Unternehmungen.
- Und denken Sie an die Worte von Kurt Tucholsky: „Das ist schwer, ein Leben zu zweien. Nur eines ist schwerer: einsam sein.“

„Und was heißt es denn nun, alt zu sein?“, hakte Caro nach. „Lebt es sich dann anders?“
Beim Altern verändern wir uns körperlich und geistig. Das beginnt schon viel, viel früher als man es wahrnimmt. Auch du wirst es bald feststellen, sagte Ulli und erntete ein allgemeines Stöhnen. Zunehmend werden tägliche Dinge des Alltags komplizierter. Oft sind es nur Kleinigkeiten, die uns Senioren das Leben schwer machen. Und er listete auf:
- Fernsehen: Der ständige Lautstärkewechsel nervt. Laute Hintergrundmusik, die Schauspieler aber sprechen oft zu leise, schnell, undeutlich. Eben in ihrer Alltagssprache – oft mit englischen und technischen Begriffen, die wir nicht kennen. Die Fernbedienung ist nur was für zarte Frauenhände. Tasten zu klein, Zwischenräume zu eng, Beschriftung auf Englisch.
- Ähnliches beim Radio: Das ausländische Musikgedudel nervt Ob beim Einkaufen, beim Friseur … überall werden wir beschallt und permanent zugedröhnt.
- Einkaufen: Selten gibt es Kundentoiletten, Produktinformationen werden zu klein geschrieben, Ansprechpartner, Verkäuferinnen fehlen meist. An den Kassen ist es meist zu voll und hektisch.
- Öffnen von Flaschen, Dosen oder Verpackungen. Ohne Hilfsmittel bekommt Helga nicht mal eine simple Seltersflasche auf.
„Nun hör aber mal auf“, lachte Oma Anne. „Wir kommen doch eigentlich gut zurecht. In zehn Jahren mag es ja anders aussehen. Aber wir sehen das meist als sportliche Herausforderungen und ihr braucht euch keine Sorgen zu machen.“
„So ist es. Der Fernseher wird oft ausgestellt oder wir sehen uns solche Sendungen an, die uns interessieren und uns gut tun. Einkaufen tun wir dort, wo es überschaubar ist und zu hektischen Zeiten, wenn die Berufstätigen einkaufen gehen, bleiben wir zuhause.